Welche Probleme mit welchen Verfahren?
Für praxisnahe (nicht-akademische) Probleme, die durch gewöhnliche
Differenzialgleichungen beschrieben werden, ist im Regelfall
eine analytische Lösung entweder gar nicht möglich oder aber mit
sehr großem Aufwand verbunden, der die Lösung dann auch sehr
fehleranfällig werden lässt.
Die Verfahrensauswahl wird von den Eigenschaften der Differenzialgleichung
bstimmt:
- Für lineare Anfangs- und Randwertprobleme ist das
Differenzenverfahren
eine universell anwendbare Strategie.
- Nichtlineare Differenzialgleichungen können im Allgemeinen nur
durch schrittweise Integration des Anfangswertproblems gelöst werden
(bei Randwertproblemen muss man sich durch wiederholte Lösung
eines Anfangswertproblems auf die Bedingungen am Ende des
Lösungsintervalls "einschießen").
-
Eine gewisse Sonderstellung nimmt die
Finite-Elemente-Methode ein,
die sowohl für lineare als auch nichtlineare Randwertprobleme
dann das ideale Verfahren ist, wenn eine (ziemlich aufwendige)
Vorarbeit geleistet wurde, praktisch heißt das: Es sollte eine
einschlägige Software verfügbar sein, der man dann aber nicht
das mathematische Modell (Differenzialgleichung und Randbedingungen)
sondern das physikalische Modell des Problems beschreiben sollte
(vgl. hierzu die Ausführungen am Ende des Kapitels "Der Stab
als finites Element"). Mit den Angeboten unter
http://www.TM-interaktiv.de
findet man dafür Beispiele für verschiedene Probleme der
Technischen Mechanik.
Lineare Differenzialgleichungen
Für lineare Differenzialgleichungen
mit konstanten Koeffizienten
ist zwar eine geschlossenen Lösung
im Allgemeinen möglich. Eine numerische Lösung ist zu empfehlen,
- wenn für das Störglied r(x) das Auffinden einer
Partikulärlösung sehr schwierig ist (in der Praxis ein eher seltener
Fall),
- wenn die Rand- und Übergangsbedingungen des Randwertproblems
die Rechnung sehr aufwendig werden lassen (in der Praxis eher der
Regelfall).
Ein praktisches Beispiel, das eine geschlossene Lösung durchaus zulässt,
für das trotzdem die numerische Lösung empfohlen wird, findet man auf
der Seite
Anlaufvorgänge bei Systemen mit mehreren Freiheitsgraden.
Die allgemeinen linearen Differenzialgleichungen
sind ohnehin nur in ganz wenigen Ausnahmefällen geschlossen lösbar (zum Beispiel
die Eulersche Differenzialgleichung). Hierfür sind numerische Verfahren
auch bei einfachen Problemen (mit einfachen Randbedingungen) angesagt.
Nichtlineare Differenzialgleichungen
In der Technischen Mechanik sind nichtlineare Differenzialgleichungen
und Differenzialgleichungssysteme zum Beispiel in der Kinetik nicht
vermeidbar (und in der Regel auch nicht linearisierbar). Glücklicherweise
treten sie meistens in der Form von Anfangswertaufgaben auf: Man kennt
zum Beispiel den Bewegungszustand (Ort und Geschwindigkeit) zu einem Zeitpunkt
t=0 und kann damit die numerische Integration starten.
Weil auch die (selteneren) nichtlinearen Randwertprobleme als
Anfangswertprobleme gelöst werden müssen, ist dem Thema
"Numerische
Integration von Anfangswertproblemen" ein gesonderter Bereich gewidmet.